FAKTENCHECK: Spezifische Biogutmenge im Kostenvergleich zur Bioabfallerfassung im LK Vulkaneifel des A.R.T. (03/2020) – Beschlussvorlage KT Vulkaneifel 16.03.2020 – TOP 5.2
Im Rahmen der Diskussion um eine mögliche Wiedereinführung der Biotonne im Landkreis Vulkaneifel hat die Kreisverwaltung im Rahmen der Beschlussvorlage zu TOP 5.2 zur Kreistagssitzung am 16.03.2020 eine Kostenberechnung zur Bioabfallerfassung im LK Vulkaneifel vorgestellt, die der A.R.T. (nach eigenen Angaben) nach Vorgaben der Verwaltung berechnet hat.
Die Anforderung seitens der Politik (Antrag der Fraktionen CDU, FWG, Bündnis90/Die Grünen) an diese Berechnung war "Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Ausführlichkeit".
Die Ergebnisse sollen dazu dienen, die BürgerInnen im Rahmen einer vorgeschlagenen Bürgerbefragung über mögliche Kostenauswirkungen zu den Modellen "Tüte" (Modell Trier Plus) und "Biotonne" aufzuklären und somit eine Entscheidungshilfe zu liefern.
Doch wie seriös ist diese Berechnung?
Um grundsätzlich eine belastbare Aussage zu Kosten eines abfallwirtschaftlichen Sammelsystems zu treffen, ist zwingend eine gesamtheitliche Betrachtung erforderlich, dazu sind u.a. folgende Aspekte mindestens zu betrachten:
- Abfallaufkommen mit Prognosen
- Wechselwirkung zwischen Erfassungssystemen insbesondere durch Änderungen eines Sammelsystems mit Betrachtung möglicher Einsparpotentiale in anderen Systemen
- Kostenprognosen zur Sammlung und Verwertung der jeweiligen Stoffströme
- Art des Erfassungssystems wie Abfuhrrhythmus, Behälterausstattung, Bereitstellungsquote, Leerungshäufigkeiten oder sonstige Reglementierungen
Das Ergebnis der vorgelegten Kostenberechnung liefert für den Landkreis Vulkaneifel mit 60.000 Einwohnern einen Gesamtaufwand für die Durchführung eines Holsystems mittels Biotonne in Höhe von 2,5 Mio. € bis 2,9 Mio. €.
Diese Aufwendungen liegen damit deutlich, sogar doppelt so hoch über Erfahrungswerte vergleichbarer Kommunen mit ländlicher Struktur und ähnlichem Restabfall- und Bioabfallerfassungssystemen.
Woran liegt dies?
Dazu betrachten wir das zu Grunde gelegte spezifische Biogutaufkommen, d.h. die Menge, die tatsächlich über die Biotonne erfasst werden kann.
Der A.R.T. legt hier gemäß Vorlage eine spezifische Menge von 151 kg/EW*a zu Grunde. Gemäß Abbildung handelt es sich hier um einen absoluten Spitzenwerte aus Kommunen, die bei näherer Betrachtung der Abfallwirtschaftskonzepte wesentlich restriktivere Erfassungssysteme und Anreize für die Restabfallerfassung vorhalten, wie z.B. kleinere Restabfallgefäße und/oder eine vierwöchentliche Abfuhr .
Diese Menge liegt damit mehr als deutlich über dem Rheinland-pfälzischen Durchschnitt von ca. 90 kg/EW*a (örE mit Biotonne) oder dem bundesweiten Durchschnitt von ca. 59 kg/EW*a.
Damit wird offensichtlich, dass bei der Wahl der Berechnungsparameter für den Betrachtungsfall "Biotonne" bewusst überhöhte und sogar unrealistische Ansätze zu Grunde gelegt wurden, um die Gesamtwirtschaftlichkeit der "Biotonne" deutlich negativ darzustellen.
So führt z.B. der Kalkulationsansatz durch Erhöhung des Rheinland-pfälzischen Durchschnitts um 60 kg/EW*a zu kalkulatorischen Mehrkosten für Sammlung und Verwertung in Höhe von ca. 0,5 Mio. bis 1,0 Mio. €.
Zum Vergleich: Die spezifische Erfassungsmenge im Landkreis Vulkaneifel bis 2019 mit Biotonne betrug 67 kg/EW*a.
Innerhalb des Zweckverbandes wird für das Jahr 2020 eine spezifische Erfassungsmenge über das Tütensystem für den Gesamtzweckverband als Prognose im Mittel von lediglich 15 bis 19 kg/EW*a.
Dazu ist festzustellen, dass es offensichtlich erhebliche Mengendifferenzen zwischen den einzelnen Verbandsmitgliedern gibt.
Während für den Vulkaneifelkreis aufgrund der 27-jährigen Vorerfahrung mit Biotonne eine per Tüte erfasste Menge von 40 bis 50 kg/EW*a Bioabfall mit einem entsprechenden Rückgang der Restabfallmenge erwartet wird, stagniert das Tütensystem im Kreis Bernkastel-Wittlich mit 115.000 Einwohner, in dem weiterhin nur Kleinmengen im homöopathischen Bereich von 2 bis 4 kg/EW*a erfasst wird.
Der Zweckverband bilanziert im Rahmen seiner öffentlichen Darstellung jedoch nur Gesamtmengen bezogen auf den Gesamtzweckverband, d.h. ohne eine Differenzierung der einzelnen Mitgliedern vorzunehmen.
FAZIT:
Die vorgelegte Kostenberechnung zur Bioabfallerfassung im LK Vulkaneifel zur Kreistagssitzung am 16.03.2020 wird als unseriös und manipulativ eingestuft.
Den Gremien des Vulkaneifelkreises wird empfohlen, die
entsprechende damit verbundene Beschlussvorlage zur Durchführung einer
Bürgerbefragung abzulehnen, da eine bewusste Täuschung der Gremien und
Öffentlichkeit festzustellen ist.
Es ist deutlich, dass die hohen Mengen der Vulkaneifel dazu verwendet werden, das Versagen des Tütensystems in anderen Verbandsmitgliedern schön zu rechnen und entsprechend den Durchschnitt dort anzuheben.